Oder: Wie fühlt es sich an, das Leben hinter dem Deich?
Hier kommen Menschen zu Wort mit ihren Geschichten, ihren Bildern und ihren Wünschen vom Leben im Stadtteil hinter dem Deich!
eIN NEUES kAPITEL
Im Jahr 2001 wurde die Zeche Fürst Leopold in Hervest-Dorsten geschlossen. Mehr als 2000 Arbeitsplätze in der Region gingen verloren und nahezu 100 Jahre Bergbau hatten die Stadt maßgeblich geprägt. Geblieben als Zeugnis und Monument dieses Teils der Kulturgeschichte und Identität der Region sind die historischen Bauten der Zeche und der Zechensiedlung. Insbesondere in der alten Maschinenhalle kann man an einem authentischen Ort auch die Alltagskultur der Menschen erleben, die von und mit dem Bergbau gelebt haben. Das alte Zechengelände belebt sich mehr und mehr mit neuen Gebäuden. Ein neues Kapitel Stadtgeschichte ist damit aufgeschlagen. Hier möchten wir die Geschichte eines Bergmanns wiedergeben, der von seiner ersten Schicht als Lehrling erzählt - Erinnerungskultur pur:
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siedlungs-gardening
Erntezeit im interkulturellen Siedlungsgarten Fürst Leopold - und das in vielfacher Hinsicht! Das Gemüse steht gut und auch das soziale Miteinander stimmt, sagt Nora Schrage, die mit Kopf, Herz und Hand den Garten von Beginn an begleitet. Und nicht nur das. Zwei Preise haben die Siedlungsgärtner, der Bergbauverein in Hervest und die Wohnungsbaugesellschaft VivaWest schon gewonnen. Den Engagementpreis NRW 2015 und den Dorstener Klimaschutzpreis 2013 konnten die Siedlungsgärtner ernten. Wer den Garten ansehen möchte, findet ihn im Innenhofbereich der Heinrich-Wienke-Straße in der Zechensiedlung Fürst Leopold hinter dem Deich. Montags nachmittags sind die Gärtner-Familien vor Ort und beleben die Ursprungsidee der Zechensiedlung neu, indem sie ihr eigenes Gemüse vor der Haustür anbauen.
echte knochenarbeit
Echte Knochenarbeit haben die Mitglieder der AG Dampfmaschine des Bergbauvereins und die Mitglieder des Kunstvereins Virtuell-Visuell in der letzten Woche in der historischen Maschinenhalle auf Zeche Fürst Leopold hinter dem Lippedeich geleistet. Es galt die Großskulptur der chinesischen Künstlerin Chen Xiaodan in die Schwebe über die Zwillings-Tandem-Dampfmaschine zu bringen. Der Kollos aus Aluminium kam per Schiff aus Shanghai ebenso wie viele weitere Ausstellungsstücke aus Porzelan, Federn, Metall und Silikon, die die chinesische Künstlerin im letzen Jahr speziell für das Industriedenkmal in Hervest geschaffen hat. Diese außergewöhnliche Ausstellung ist bis 15. August Freitags von 17 - 20 h, Samstags von 14 - 17 h und Sonntags zur regulären Öffnungszeit der Maschinenhalle von 11 - 17 h zu besichtigen. Zusätzliches Highlight: Sonntagmorgens wird die Maschine angefahren! Maschinenhalle Fürst Leopold, Halterner Straße 105, 46282 Dorsten. Foto: Werner Markus
Taubenväter
Bekanntermaßen ist der Taubensport eines der wichtigsten Hobbys der Bergarbeiter gewesen und eine Leidenschaft, die bis heute identitätstiftend und ein wichtiger Aspekt der Erinnerungen an das alte Ruhrgebiets ist. Auch in Hervest hinter dem Deich gab es viele Tauben, doch das ist Vergangenheit. Der "Taubenvatter" ist eine Seltenheit geworden. Um so schöner, die Geschichte von zwei sehr jugendlichen, aber sehr ernsthaften Taubenvätern und ihren Abenteuern zu lesen! Hier geht's zur wahren Hervester Geschichte von Berni und Werner:
05._taubenväter_und_samariter.pdf | |
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Und noch ein kleiner Nachtrag: Diese Geschichte auf den PolderKlicks hat dazu geführt, dass Berni, der heute in einem kleinen Dorf an der Dänischen Grenze wohnt, nach 50 Jahren Kontakt zu Werner aufgenommen hat. Seine Schwester wohnt in Dorsten und hat ihren Bruder auf die Polderklicks aufmersam gemacht.
Es gab inzwischen ein Treffen in Dorsten, bei dem bis in den Morgen von alten und neuen Zeiten gequatscht wurde. Das nächste Treffen ist schon geplant.
Es gab inzwischen ein Treffen in Dorsten, bei dem bis in den Morgen von alten und neuen Zeiten gequatscht wurde. Das nächste Treffen ist schon geplant.
Die Gärten der Siedlung
Borretsch fand sich früher in jedem Garten, weil er unerlässlich war zum Einmachen von Gurken! Auch in der Zechensiedlung Fürst Leopold, wo zu jeder Wohnung ein Nutzgarten gehörte. Das bedeutete Komfort und Lebensqualität. Denn seine eigenen Lebensmittel musste jeder Arbeiter anbauen, um sein Leben zu bestreiten. Da war es schon ein großer Gewinn, wenn man zum Garten nicht noch kilometerweit laufen musste. Heute haben die Gärten nicht mehr viel gemein mit den Siedlungsgärten der Gründungsjahre. Die Lebensqualität in der Siedlung steigern sie allerdings auch heute noch. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann beim Verein für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte in Dorsten eine der spannenden Führungen durch die Siedlung buchen! Foto: Klaus Schilling, Fototreff Dorsten
Die Kolonie - Aschgrau?
Direkt hinter dem Lippedeich liegt die Zechensiedlung Fürst Leopold - oder auch "Die Kolonie" wie man einst in Dorsten sagte. Lange lag sie im Dornröschenschlaf, aschgrau und unbeachtet. Einige wenige Häuser, wie auf unserem Foto von Bernd Uckermann, lassen das einstige Erscheinungsbild noch heute erahnen. Glücklicherweise wuchs hier aber auch ein Junge auf, der später Architekturprofessor in Dortmund werden sollte und der ahnte. welch ein städtebaulicher Schatz hier ein Schattendasein fristete. In den 1980er Jahren machte Professor Ludes die Siedlung daher zu einem Forschungsprojekt. Und siehe da: Es zeigte sich, dass es sich um eine der schönsten und durchdachtesten Bergarbeitersiedlungen des Ruhrgebiets handelt! Entstanden auf Basis eines Architekturwettbewerbs und gebaut, um die Bergarbeiter durch Komfort und Wohnwert an die Zeche zu binden. Saniert und zum großen Teil unter Denkmalschutz vermittelt die Siedlung bei einem Spaziergang noch heute ein gutes Bild vom Leben "inne Kolonie". Führungen bietet der Verein für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte Dorsten an. Foto: Bernd Uckermann, Fototreff Dorsten
die kanuten
Gabi Steinnus und Manni Lampen haben sich auf dem Wasser kennen und lieben gelernt: Ein Kanuausflug auf der Lippe wurde zur Feuer- respektive Wassertaufe für ihre Gefühle und der Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte. Hineinhören und schmunzeln! Foto: Brigitte Stüwe
Das Haus an der Lippe
In Hervest gibt es ein sehr einsames Haus an der Lippe. Darum rankt sich die Geschichte zweier Menschen, die sie uns erzählt haben. Lediglich die Namen haben wir geändert. Alles andere ist genauso passiert! Ein Klick auf die Pdf-Datei und sie erzählen uns ihre Geschichte:
das_haus_an_der_lippe_2015.pdf | |
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der knirps erzählt: Kindheit an der lippe
Per Mail erreichte uns dieses schöne alte Foto. Es soll etwa 64 bis 65 Jahre alt und an der Lippe entstanden sein. Augenzwinkernder Kommentar des Interviewten: "Die Identität des Models fällt unter Datenschutz!"
rüdiger goeritz "hervester erscheinungen"
Ein Blick von außen: Der bildende Künstler Rüdiger Goeritz aus Dorsten hat sich seine eigenen Gedanken zum Leben hinter dem Deich in der Hervester Zechensiedlung Fürst Leopold gemacht: "Hervester Erscheinungen" heißt seine Werk-Serie, die augenzwinkernd fantasievolle Wesen aus dem Wasser auf und in der Siedlung in Erscheinung treten lässt!
Bergmann Sadecki
Die Müllerin
"Zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen zählt das Versteckspiel in unserer Mühle. Am Wochenende, wenn die Mühle nicht lief, durften meine Schwester und ich mit Freunden in der Mühle Verstecken spielen. Dort gibt es viele Ecken, Zwischenräume, reichlich Platz - ein Kinderparadies! Zu den besten Verstecken gehörte jedoch ein alter leerer Mehlsack. Sehr zum Leidwesen unserer Mütter, denn wir sahen aus wie kleine, staubige Mehlgeister, wenn wir das Spiel beendeten."
Barbara Mense, Müllerin Foto: Brigitte Stüwe
Barbara Mense, Müllerin Foto: Brigitte Stüwe
Der Kunstpädagoge
Marc kommt Donnerstag Nachmittags als Betreuer in den Jugendtreff Memelstraße in der Ellerbruchsiedlung hinter dem Deich. Die Memelstraße ist ein Projekt im Rahmen von FÖBI - Förderung-Beteiligung-Integration vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Er arbeitet eigentlich in der Leitung am Jugendhaus Rottmannshof in Dorsten-Wulfen. Und dann studiert er auch noch Kunstpädagogik, wo er demnächst seinen Abschluss machen wird. Im Jugendprojekt Memelstraße wollte er trotz dieser vielen Aufgaben gern mitarbeiten, als er gefragt wurde. "Ich schätze hier die projektorientierte Arbeit, das offene Angebot. Viele Kinder und Jugendliche stehen unter enormem Druck: Die Eltern und Lehrer verlangen Leistung in der Schule, nachmittags sollen sie im Sport gut sein und dann am Wochenende alle Familienaktivitäten mitmachen. Da bleibt kein freier Spielraum. An der Zechenbahntrasse habe ich ein Trafohäuschen mit Graffiti gestaltet. Erst schien kein Interesse bei den Jugendlichen da zu sein. Dann habe ich einfach begonnen mit der Arbeit. Bald kam der erste Neugierige gucken. Nach und nach wurden es immer mehr und schließlich hatten wir ein wirklich tolles gemeinsames Ergebnis!" Foto: Brigitte Stüwe
Der Müller
"Meine intensivsten Kindheitserinnerungen an die Lippe sind die Baracken, in denen die russischen und polnischen Zwangsarbeiter lebten. Die standen auf dieser Seite der Lippe, von Dorsten aus gesehen vor der Eisenbahnbrücke. In den Baracken war ich nie. Aber mein Vater brauchte manchmal Arbeiter zum Verladen von Getreide und Mehl. Die Arbeiter waren mittags bei uns zum Essen. Es wurde dann immer besonders viel und sättigend aufgetischt, deftige Erbsensuppe oder etwas in der Art. Man kann sich nicht vorstellen, wie hungrig diese Menschen waren. Das ist sogar mir als Kind nahe gegangen. Nach Kriegsende sind die Arbeiter dann durch Hervest gezogen und haben sich geholt, was sie brauchten. Unser Haus wurde aber verschont. Ich habe gehört, wie einer rief als sie vor unserem Haus standen: Da nicht. Da wohnt ein guter Mann."
Wilhelm "Willy" Mense Foto: Brigitte Stüwe
Die Praktikantin
Annika arbeitet erst seit vier Wochen in der Memelstraße. Sie ist Erzieherin, muss aber noch ihr Anerkennungsjahr machen. Deshalb überbrückt sie mit einem Praktikum. "Hervest ist schon anders als Barkenberg, wo ich sonst im Rottmans Hof arbeite. Hier gibt es mehr Migranten. Aber viel kann ich noch nicht sagen, weil ich erst so kurz dabei bin." Fotot: Brigitte Stüwe
Die Spaziergänger
Christian und Bianka auf dem Weg hoch zum Deich: "Hier laufen wir immer mit unseren Hunden. Heute haben wir nicht nur Luke und Peche, sondern auch noch Gasthund Ginger dabei. Auf dem Deich gibt es genug Platz und keine Gefahr durch Straßenverkehr, was besonders wichtig ist, weil einer unserer Hunde taub ist. Außerdem trifft man hier immer jemanden mit dem man reden kann. Das gefällt uns." Foto: Brigitte Stüwe